„Die Nacht ist am dunkelsten kurz vor der Morgendämmerung.“

Ein schöner Gedanke - in Bezug auf das Leben, ... auch wenn er physikalisch nicht ganz stimmt.
Denn: Die Dunkelheit der Nacht wird durch viele Faktoren beeinflusst. 

Mondphase: Je nach Stand des Mondes erscheint die Nacht heller oder dunkler.
Atmosphärische Bedingungen: Wolken, Luft- und Lichtverschmutzung verändern, wie tief die Dunkelheit empfunden wird.
Dämmerungsphasen: Es gibt keinen festen Punkt der „dunkelsten Stunde“ – die Dunkelheit zieht sich allmählich zurück, sobald das erste Licht erscheint.

... so ist es auch im Leben und in der Psychotherapie

Auch in unserem Inneren wirken verschiedene Kräfte, die beeinflussen, wie dunkel sich eine Zeit anfühlt:

Phasen des Lebens: Manchmal erleben wir eine persönliche, anhaltende „Tiefnacht-Phase“. Alles scheint aussichtslos. Doch es kann ein einziger Funke genügen – ein Gedanke, ein Moment der Verbindung, eine neue Erfahrung, ein neuer Weg, - ein Lichtstrahl, um Veränderung anzustoßen.
Äußere Umstände: Wie Wolken am Himmel können Stress, Verluste, Konflikte oder Isolation unsere Sicht trüben und uns den Zugang zu Hoffnung und Klarheit erschweren.
Prozesse des Wandels: Persönliche Veränderung ist selten ein plötzlicher Durchbruch. Sie gleicht vielmehr der Morgendämmerung: Ein langsames, aber stetiges Hinwenden zur Helligkeit. Auch wenn die Nacht also nicht objektiv am dunkelsten kurz vor dem Sonnenaufgang ist – die Symbolik bleibt kraftvoll.

Die Sonne geht immer wieder auf – das ist sicher.
Aber innerlich erleben wir das nicht, wenn wir uns zurückziehen, bevor das erste Licht sichtbar wird.
Manchmal braucht es den Mut, nicht zu gehen, während es noch dunkel ist.

So wie der Mond, das Wetter und die Dämmerung die Dunkelheit prägen, beeinflussen auch unsere innere Stärke, unser Umfeld, unsere Perspektiven, unser Umgang mit Schmerz und unser Handeln – und nicht zuletzt die Unterstützung durch andere – wie wir durch Krisen gehen. Lassen Sie uns Zeit nehmen. Die Sonne steigt nicht plötzlich empor – sie tastet sich über den Horizont. Ebenso ist Verarbeitung kein Sprung, sondern ein Aufsteigen. Wer sich dem Schatten stellt, gibt dem Licht die Richtung vor.